Keine Lust mehr

Jennifer Janesko Pinup


Keine Lust mehr.
Keine Lust mehr zum Schreiben.

Gestern ganz oben, heute ganz unten.
Ich fahre Achterbahn.
Immerzu, jeden Tag, jeden Augenblick.
Entweder volle Kraft bergauf oder volle Geschwindigkeit bergab.
Jetzt sause ich wieder bergab.

Dabei war der Tag mit meinem Schatz wundervoll.
Doch irgendwann schaute ich ihn lange an, sah im Geiste alle Texte meines Blogs.
Ich verrate ihn.
Ja, ich betrüge ihn hier mit diesem Blog.
Er weiß es nicht.
Ich werde es ihm sagen.
Diese Talfahrt muss ich stoppen.
Warum schreibe ich überhaupt diesen Blog?
Und vor allem für wen?

Während ich darüber nachdachte, erzählte er von Bekannten.
Ein Name fiel, ich war hellwach.
"Sie lassen sich scheiden."

Scheiden?
Sie ist eine Kämpferin, eine starke Frau.
Sie kämpfte lange um ihre Liebe, selbst in schwersten Zeiten.
Sie ernährte die Familie, in Notzeiten sogar immer nur von einem Tag auf den anderen.
Sie ist attraktiv.

Sie kämpfte täglich um ihren Mann.
Einen Mann, der gegen anderes kämpfte. Gegen Alkohol, gegen seine Probleme.
Er verlor diese Kämpfe jeden Tag, in jeder Sekunde.

Beide kämpften aussichtslos.

Kürzlich traf ich sie.
Sie war durcheinander, orientierungslos.
Sie begann zu erzählen, mehr und immer mehr, Schock auf Schock. Alles lag daheim in Scherben und inmitten dieses Scherbenhaufens war sie bereit gewesen, sich zu opfern.

Zu opfern, weil sie in der Not geglaubt hatte, die Beziehung mit der Erfüllung von sexuellen Wünschen retten zu können.

Er ging mit ihr zu einer privaten Sex-Party - alles kann, nichts muss, jede mit jedem und umgekehrt oder überhaupt nicht.

Er wollte mit anderen Frauen, sie sollte mit anderen Männern, beide sollten dabei einander sehen - er machte ihr Glauben, danach werde alles wie früher. So wie zu Beginn der Liebe: Träume, Wünsche, Hoffnungen miteinander, füreinander.

Er bekam Sex mit anderen Frauen.
Sie sah, wie eine andere begann, ihm intensiv einen zu blasen.
Sie merkte, wie Hände nach ihr tasteten, ihren Körper untersuchten.
Sie sah den Mann, schauderte, ekelte sich.
Sie entzog sich, die Hände folgten.
Sie wußte später nicht mehr, warum alles passierte.
Sie sah, wie er von der anderen geritten wurde.
Sie sah, wie er danach eine andere von hinten nahm.
Da verlor sie sich, verlor ihre Achtung, ihre Hemmungen - heute weiß sie, da hatte sie alles verloren.
Sie ließ die Hände auf ihrem Körper gewähren.
Sie ließ sich von dem Unbekannten nehmen.

Sie brauchte Tage, um das Geschehene zu begreifen.
Sie brauchte Tage, um wieder die starke Frau zu werden.
Sie ist von ihm fort.

Das habe ich nur für dich aufgeschrieben.

Liebe Grüße von
Laureen
Lawyerzwelgje - 13. Jan, 02:33

Klingt irgendwie schrecklich bekannt: 70-ern! Was werd wohl Weib dazu meinen? Dass sie wohl ihre eigene Beschrankungen nicht in acht genommen hat, aber was noch?

laureen - 13. Jan, 12:15

Ja, es stimmt: 70er.
Fatal und schrecklich zu sehen war der rapide Verfall einer Beziehung und der eigenen Werte. Und du kannst von außen nicht einwirken, nicht helfen.

Liebe Grüße von
Laureen
la fille rousse - 13. Jan, 13:59

schreibst du dieses weblog etwa nur für andere? hast du das gefühl, deine eigenen (geheimen) gedanken veröffentlichen zu müssen, weil du es irgendjemandem schuldig bist?
es ist doch deine freie entscheidung, hier zu schreiben. und du kannst schreiben was du willst. du musst nicht, bist niemandem irgendetwas schuldig. ich hoffe, dir ist das klar. wenn nicht, solltest du es dir noch einmal groß ins hirn schreiben.
das hier ist doch eigentlich nichts anderes als ein tagebuch. ein tagebuch, in das du anderen einblick gewährst, so lange du willst. oder du speicherst alles offline, bis du das gefühl hast, jetzt ist die zeit da dass andere an deinen gefühlen teil haben dürfen. du hast die kontrolle darüber, wie viel du von dir preisgibst, und wann.
die leser sind (wie ich meine) dir unbekannte leute, die dich nicht verurteilen wollen, sondern gerne lesen was du zu sagen hast. weil sie vielleicht in einer ähnlichen situation sind/waren/einmal sein könnten. oder dich auch so verstehen. menschen, die du nicht kennst, auch nicht, wenn sie in der straßenbahn mal 10 cm neben dir stehen. und doch können sie hier so etwas wie deine freunde sein.
du verrätst ihn nicht, wenn du deine gefühle aufscheibst. natürlich kannst du es ihm zeigen, aber ... willst du das wirklich? und würdest du auch so denken wenn dieses tagebuch niemandem sonst zugänglich wäre?!

laureen - 13. Jan, 15:54

Schreiben, egal über was, bedeutet auch Verantwortung zu tragen, wenn das Geschriebene offen nachlesbar ist. Das macht mich zunehmend nachdenklicher. Nachdenklich auch im Hinblick, was du im dritten Absatz beschreibst. Das war, ist sehr wichtig für mich. Erst einmal danke.

Liebe Grüße von
Laureen
nestor - 13. Jan, 14:34

liebe laureen!

1) was meinst du mit 70ern? da komme ich nicht mit?
2) was heisst: "Fatal und schrecklich zu sehen war der rapide Verfall ... der eigenen Werte." Welcher Werte

grundsätzlich meine ich:
pt und gs funktionieren nur in einer total innigen liebes- oder in einer nur-sex-beziehung.

so einfach zur 'auflockerung' des sex-empfindens in einer bereits brüchigen beziehung ist es tödlich. mal abgesehen davon, dass sich beide auf solche spielereien ZUSAMMEN vorbereiten und langsam einstellen müssen. etwa durch swinger-club besuche etc.
darum bin ich der festen überzeugung, dass die von dir zitierte beziehung bereits vorher kaput war.

ja und zu deinen überlegungen zur fortführung deines blogs kann ich nur schreiben: zu einer liebes-beziehung gehört völliges vertrauen und verstehen. und wenn ich dieses vertrauen & verstehen zu meiner(m) partner(in) habe, dann setze ich sie (ihn) auch von allem in kenntnis. dh. ICH würde - völlig unabhängig vom inhalt - keinen blog führen, ohne dass meine partnerin etwas davon weiss. Dzt stellt sich das problem nicht. aber geheimnistuerei (etwa unter dem vorwand mir meine eigene intimsphäre zu wahren; wie dies von manchen argumentiert wird) ist nicht meins. das habe ich lange genug erlebt.

laureen - 13. Jan, 15:41

Hallo Nestor

Zu 1) mit 70er bezog ich mich auf den Beitrag von "Lawyerzwelgje". Beide, über die ich schrieb, sind Jahrgang 70 (bis 75 ;-) ).

Zu 2) Der rapide Verfall einer Beziehung. Er trank sich schlichtweg der Katastrophe entgegen, sie versuchte stets zu retten. Das hat ihre Kräfte immer mehr in Anspruch genommen, alles in ihrem Leben geriet langsam aber sicher aus den Fugen, weil sie letztlich überfordert war. Aus den Fugen geriet dabei auch ihr inneres Wertesystem (ihre Einstellungen zum Leben). Was sie früher nie getan hätte, war sie nun bereit zu tun, immer noch in der Hoffnung, ihn behalten zu können, ihn vom Alkohol abbringen zu können. Ja, und es stimmt, die Beziehung war zu dem Zeitpunkt, als sie sich auf der Party weg gab, schon längst kaputt und nicht mehr zu retten. Und das meinte ich mit "fatal": Es half nichts, ihr das zu sagen, ihr das zu zeigen. Sie gab das Scheitern der Beziehung, der Liebe erst zu, als sie wirklich ganz am Ende war.

Danke für deine Hinweise am Schluß.
Ich bin, ehrlich gesagt, deshalb so lustlos, weil ich nicht genau weiß, warum ich das hier tue. Mein Ansatz war mal ganz anders, jetzt muss ich mich wieder finden.

Liebe Grüße von
Laureen
la fille rousse - 13. Jan, 17:12

von geheimnistuerei

kann absolut keine rede sein. wenn man das was einen beschäftigt nicht auch mit dem partner besprechen kann, hat man sowieso ein problem.
aber ich für meinen teil habe nicht das bedürfnis, ihm ALLES zu sagen. er weiß, dass ich ein weblog habe. und er weiß, dass ich ein tagebuch führe. doch was ich da rein schreibe, sind meine gedanken. manches mal nur überlegungen, die ich dann sofort wieder verwerfe, weil es ein schmarrn war. das muss er nicht alles wissen. niemand muss alles wissen von mir - auch wenn ich eigentlich nichts zu verbergen habe.
ich würde seines auch nicht lesen wollen.
und wenn man genug vertrauen zueinander hat, sollte es auch so funktionieren.
vielleicht überkommt es mich auch eines tages, und ich lasse ihn alles lesen. wer weiß? ich sage nicht, dass es unmöglich ist.
laureen - 13. Jan, 23:27

Ja, da paßt vieles.
Ich habe hier eine kleine Kiste, meine Schatztruhe. Kleine Dinge aus meiner Kindheit, aus meiner Jugend, die mir lieb und wichtig sind. Dazu Bilder, Liebesbriefe. Die kleine Schatzkiste ist tabu. Ich möchte nicht, dass sie jemand öffnet.
Meine Gedanken gehören mir, egal wie sie wiedergefunden werden - ob im Tagebuch oder im Weblog. Ich packe den Weblog einfach auch in meine Schatzkiste.
Vorläufig jedenfalls. ;-)

@la fille rousse:
Etwas ganz anderes: Habe in deinem Blog unter Filme "Im Juli" entdeckt. Ich mag diesen Film auch unheimlich gern. Wird Zeit, ihn noch einmal zu gucken.

Liebe Grüße von
Laureen

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